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      Endometriose

      Endometriose-Symptome erkennen – ein Erfahrungsbericht von Anna Wilken

      Fast jede zehnte Frau leidet daran, doch wenige sprechen drüber – oder wissen überhaupt, dass sie betroffen sind: von Endometriose. Anna Wilken ist eine von ihnen. Persönliche Erfahrungen mit einer Krankheit, die viele Gesichter hat und deren Symptome manchmal schwer zu deuten sind.

      Ich hatte Angst. Auch vor dem Eingriff. Aber am meisten davor, dass die Ärztin nichts findet – so bekloppt, wie sich das auch anhört. Sechs Jahre habe ich nach der Ursache für meine Beschwerden wie Unterleibsschmerzen und die schlaflosen Nächte gesucht. Immer mit einem bestimmten Verdacht im Hinterkopf. Als ich nach der Bauchspiegelung aus der Narkose aufwachte, war ich überrascht, wie viel Zeit vergangen war. Sofort wusste ich, dass es kein üblicher Eingriff gewesen sein konnte. Als die Ärztin mir offiziell die Diagnose mitteilte, sind mir zehntausend Steine vom Herzen gefallen: Es war Endometriose, eine chronische Erkrankung mit gutartiger Tumorbildung.

      Endometriose-Symptome, die Außenstehende kaum nachvollziehen können

      Jahrelang habe ich mich an diesen Verdacht geklammert wie an einen Strohhalm. Am liebsten hätte ich meiner Familie und meinen Freunden den Stinkefinger gezeigt. So. Hier. In your face! Da ist die Diagnose. Ich hatte die ganze Zeit recht. Die Schmerzen sind schlimm, aber dass du alleine bist und dir niemand aus deiner Familie glaubt, ist mindestens genauso deprimierend. Ich war immer der Meinung, dass meine Beschwerden nicht normal sein können. Doch viele Ärzte haben meine Symptome auf meine Psyche und den Stress als Ursache geschoben: weil ich ein Scheidungskind bin, meine demenzkranke Oma mitgepflegt habe und von Natur aus sehr dünn bin.
      Endometriose Anna Wilken

      "ICH HATTE LANGE DEN VERDACHT, AN ENDOMETRIOSE ZU LEIDEN. ABER MEINE SYMPTOME WURDEN NICHT ERNST GENOMMEN.“

      Anna Wilken, Influencerin

      Eine Gynäkologin hat aufgrund der Symptome zwar schon mal den Verdacht geäußert, dass es etwas gibt, das sich Endometriose nennt. Aber sie meinte auch, dass ich mit 13 Jahren eigentlich viel zu jung dafür wäre. Totaler Quatsch! Trotzdem war ich froh, zumindest eine Vermutung zu haben. Andere Frauen tappen sechs bis zehn Jahre komplett im Dunkeln, bevor sie eine Diagnose und eine angemessene Behandlung bekommen.

      Weil ich wissen wollte, was hinter meinen Beschwerden und der mysteriösen Erkrankung steckte, habe ich mir nach und nach viel medizinisches Wissen angeeignet. Als ich dann mit 19 Jahren zum Modeln nach Berlin gezogen bin, habe ich mich gezielt in einem Endometriose-Zentrum untersuchen lassen. Wieder zu Hause, habe ich meine Mutter angerufen und ihr – das war schon fast fies – ins Gesicht geknallt: „Mama, ich muss übrigens operiert werden.“ Man konnte richtig hören, wie ihr die Kinnlade runtergeklappt ist. Mit einer Operation hatte sie nicht gerechnet. Das war der erste Punkt, an dem ich von meinem Umfeld ernst genommen wurde.

      Endometriose-Symptome sind extrem individuell 

      Nachdem die Endometriose-Herde über eine Operation entnommen wurden, habe ich mit der Regeneration gekämpft. Zeitweise war ich sogar zum Modeln in Paris. Tagsüber bin ich über den Laufsteg gelaufen und abends, wenn ich nach Hause gekommen bin, hat meine Erkrankung mir eine schmerzhafte Quittung verpasst – mit gerade einmal 20 Jahren. Dadurch habe ich mich sehr verloren gefühlt. Das Problem ist, dass es nicht DAS eine Medikament oder DIE eine wahre Therapie für Endometriose gibt. Dafür sind die Symptome zu individuell. Ich kämpfe z. B. mit Verdauungsproblemen, Becken- und Rückenschmerzen, Stimmungsschwankungen, habe Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Ohnmachtsanfälle – während meiner Periode, aber auch davor und danach.

      Körperliche & psychische Beschwerden bei Endometriose 

      Um die Beschwerden zu lindern, trinke ich Frauenmantel- und Himbeerblättertee. Wohltuend ist Wärme in jeglicher Form, als Porridge, Wärmepflaster oder Entspannungsbad. Da es mir auch seelisch schlecht ging, habe ich eine Psychologin aufgesucht und mich vom aktiven Modeln verabschiedet. Das zu akzeptieren, hat lange gedauert. Doch meine Psychologin hat mir in der schwierigen Phase beigestanden und mir gezeigt, wie ich mich wieder selber liebe – so, wie ich bin. Auch eine dreiwöchige Reha hat mein Leben positiv verändert, weil ich mich 24/7 mit mir selbst und mit meiner Erkrankung beschäftigt habe. Dadurch bin ich erst auf die Idee gekommen, Symptome wie Unterleibsschmerzen mit Physiotherapie zu behandeln. Was eigentlich total logisch ist, weil starke Schmerzen auf Becken, Beine und Lendenwirbel ausstrahlen.

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      Aber auch der Austausch mit meinen „endosisters“, anderen betroffenen Frauen, war für mich wie eine Therapie und hat mir weitergeholfen. Wir haben heute noch Kontakt. Durch sie habe ich gelernt, umzudenken und das Leben wieder mehr zu genießen. Wenn ich Bock auf ein Glas Wein habe, dann trinke ich einfach eins – auch wenn Alkohol bei einer entzündlichen Krankheit nicht gut ist. Oder ich gehe abends mit Freunden aus, was ich früher immer vermieden habe. Ich möchte mich mit meinen Beschwerden nicht mehr verstecken und Angst vor den Auswirkungen der Erkrankung haben. Ich gestalte mein Leben so, dass es mir gut geht – ganz ohne Druck. Gerne rede ich auch auf Instagram darüber. Der Austausch zeigt mir immer wieder, dass ich nicht alleine bin und auch anderen betroffenen Frauen Tipps geben kann, besser mit ihrer Erkrankung leben zu können. Es ist ein Geben und Nehmen.

      "SCHMERZEN KANN MAN AUSHALTEN ODER AUCH MINDERN, ABER BEIM KINDERWUNSCH BIN ICH MACHTLOS!“ 

      Anna Wilken, Influencerin

      Unerfüllter Kinderwunsch durch Endometriose

      Obwohl ich nun weitestgehend weiß, wie ich mit der Krankheit und den starken Schmerzen umgehen kann, bin ich noch nicht zu 100 % von der Depression befreit. Ein Rückschlag war die Erkenntnis, dass Endometriose in jungen Jahren auch eine Ursache für die Unfruchtbarkeit einer Frau sein kann. Aus Neugier bin ich in eine Kinderwunschklinik nach Regensburg gegangen, um meine Fruchtbarkeit testen zu lassen. Nach einer Woche hat der Arzt mir mitgeteilt, dass ich besser sofort mit der Befruchtung und der dazugehörigen Behandlung starten sollte. Ich saß da, habe meinen Freund angeschaut und dachte, ich bin im falschen Film. Zwar sind wir seit sechs Jahren zusammen, aber mit 21 Jahren Entscheidungen zum Thema Kinderwunsch zu treffen, ist hart.

      Anfangs habe ich das Thema verdrängt, aber mittlerweile weiß ich, dass es irgendwann zu spät sein könnte. Also haben wir es mit der Behandlung versucht – mit Kinderwunschgleitgel, Hormonspritzen und dem Einsetzen von befruchteten Eizellen. Es hat mich in Stücke zerrissen, als es nicht geklappt hat. Bei der Endometriose kann man kleine Schritte gehen und Schmerzen lindern, aber beim unerfüllten Kinderwunsch ist man machtlos. Auch wenn die ersten Versuche nicht so gelaufen sind, wie mein Freund und ich uns das gewünscht haben, versuchen wir es weiter – bis es klappt. Ich habe mittlerweile eine gute Freundschaft mit mir selbst geschlossen und akzeptiere mich, auch wenn ich mich oft unwohl fühle. Das ist sehr wichtig bei einer Krankheit, die vielleicht einige Tage Ruhe gibt, aber niemals verschwindet.

      2 Millionen Frauen sind in Deutschland von Endometriose betroffen. 40.000 Neuerkrankungen zählen die Ärzte pro Jahr. Hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer.

      Experten-Interview über Diagnose und Therapie

      Sylvia Mechsner hat Humanmedizin an der Freien Universität Berlin studiert. Seit 2014 leitet sie das Endometriose-Zentrum der Charité und verantwortet Forschungsprojekte rund um die Schmerzmechanismen der Krankheit.

      Warum bekommt Endometriose häufig zu wenig Aufmerksamkeit?

      Beschwerden – entstehend durch die Periode – sind eine sehr persönliche Sache, über die viele Frauen ungerne sprechen. Denn die Gesellschaft nimmt Beschwerden wie Regelschmerzen nicht als Problem bzw. Lebenseinschränkung wahr. Hinzu kommt, dass Endometriose von Ärzten häufig unentdeckt bleibt, bevor sie im weiteren Verlauf zu Veränderungen an Organen führt. Das liegt auch daran, weil die Symptome ähnlich individuell sind wie der Farbwechsel eines Chamäleons.

      Bei welchen Anzeichen sollte man zu Ärzten gehen?

      Wenn man während der Periode mehr als eine Schmerztablette pro Tag nimmt und unter starken Krankheitssymptomen wie Durchfall, Erbrechen und Schmerzen beim Stuhlgang oder Wasserlassen leidet. Es gibt auch Frauen, die über wenig Schmerzen klagen, dafür aber ausgedehnte Befunde mit Organbefall haben.

      Wie lässt sich eine Diagnose der Krankheit stellen?

      Zunächst ist eine Schmerz-Anamnese wichtig, dann folgt ein Ultraschall, um mögliche Veränderungen an der Gebärmutter erkennen zu können. Den Beweis liefert eine Bauchspiegelung – in der Regel mit einer Latenz von ca. zehn Jahren.

      Endometriose ist eine hormonabhängige Erkrankung, die vor allem Regel-assoziierte Beschwerden verursacht. Daher steht grundsätzlich auch eine hormonelle Therapie zur Verfügung, die durch das Ausschalten des Zyklus wirkt. Damit sind viele Frauen komplett beschwerdefrei. Bei weiterbestehenden Schmerzen oder bei dem Befall von Organen kommt auch eine operative Entfernung der Herde in Betracht. Da leider jederzeit neue Herde entstehen können, vor allem Zysten und Bauchfellherde, macht eine weiterführende hormonelle Therapie Sinn. Weil die Symptome von Frau zu Frau höchst unterschiedlich sind, gibt es eben nicht die eine richtige Therapie. Meist macht eine Kombination aus gynäkologischer und psychologischer Behandlung sowie Physio- und Schmerztherapie Sinn. Heilbar ist die hormonabhängige Krankheit nicht, aber ab den Wechseljahren ist ein Großteil der Frauen davon befreit.

      Was können Ursachen für Endometriose sein?

      Die Ursachen scheinen komplex und sind noch lange nicht geklärt. Eine der gängigen, derzeit diskutierten Hypothesen nennt sich „Tissue Injury and Repair“. Hierbei wird die Gebärmutter als Ursprung der Erkrankung betrachtet. Es wird angenommen, dass infolge starker Gebärmutterbewegungen kleinste Risse (Microtraumen) zwischen den Zellen im Bereich der Übergangszone von Schleimhaut und Muskulatur entstehen können. Daraufhin fahren körpereigene, hormongetriebene Reparaturmechanismen hoch und die Gebärmuttermuskelwand verändert sich. Aktivierte Stammzellen können abwandern und z. B. über die Eileiter im Bauchraum zu Endometriose führen.

      Neben diesen Faktoren spielen u. a. genetische und immunologische Faktoren eine große Rolle. Auch unsere heutige Lebensplanung könnte dabei eine wichtige Rolle einnehmen. Frauen bringen sehr viel später ihre Kinder zur Welt, als es früher der Fall war. Die Gebärmutter hat also – ab Beginn der ersten Periode – genügend Zeit, immer wieder den Zyklus mit den Bewegungsabläufen zu durchlaufen. Gerade Frauen, die bereits sehr früh sehr starke Regelschmerzen haben, haben somit ein höheres Risiko später auch Endometriose zu entwickeln. 

      Werde Teil der Community!

      Nur wenige hören hin und sprechen mit! Austausch gibt‘s auf Instagram unter #endosister und #inderregelbinichstark. Auf Instagram findet jeden Mittwoch ein „Endotalk“ mit Anna Wilken statt. Mehr über die Krankheit erfährst du auch bei der Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V.!

      Buch-Tipp: Der Alltag mit Endometriose

      • „Stell dich nicht so an!“ – Das hat Anna Wilken viel zu oft gehört. Sie leidet an Endometriose, die oft verharmlost wird. „In der Regel bin ich stark“ von Anna Wilken, 16,95 €.

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